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Beitrag vom 02.05.2010
Lowlights
Tatjana Zilg
Drei StadtbewohnerInnen Anfang 30 begeben sich während einer einzigartigen Nacht auf die Suche nach ihren verlorenen Gefühlen zu sich selbst und zu anderen. Ort des Geschehens ist die litauische ...
... Hauptstadt Vilnius, deren nächtlich erleuchtete Straßen die Kulisse bieten für eine Dreiecksgeschichte, die ohne viel Sprache auskommt und auf das Gespür für feine, zwischenmenschliche Schwingungen setzt.
Medium für die spontane Auszeit vom Alltagsstress ist ein geleastes Mittelklasseauto, in welchem Tadas (Dainius Gavenonis) und Linas (Jonas Antanelis) die Nacht abseits des Mainstream-Partygeschehens erkunden. Erst kurz zuvor haben sie sich wiedergetroffen. In der Schule waren sie lose befreundet und verloren sich dann aus den Augen, als Linas ins Ausland ging. Nachdem er dort beruflich erfolglos blieb, kehrte er nach Litauen zurück in der Hoffnung durch die Reaktivierung alter Kontakte einen Job zu ergattern.
Tadas verfällt bald wieder in seine Bewunderung für Linas, der mit unbeschwerter Leichtigkeit und damit verbundener Beliebtheit durch das Leben zu gehen scheint, denn der 33jährige Versicherungsangestellte ist in vielen Punkten selbst das Gegenteil. Er wirkt überangepasst und hat jeden Ehrgeiz hinsichtlich seines Berufs verloren. Auch seine langjährige Ehe funktioniert nicht mehr. Zwischen seiner Frau Laura und ihm vibriert nur noch die Entfremdung. In ihrer Wohnung, die wegen einer fehlgeschlagenen Renovierung eine halbe Baustelle ist, haben sie sich kaum noch etwas zu sagen.
Zwar ist Tadas zunächst skeptisch, als Linas ihn zu der nächtlichen Tour einlädt, dann wittert er die Chance zu einem Ausbruch aus seinen festgezurrten Mustern. Zu seiner Überraschung wird kein konkretes Ziel angesteuert. Linas sieht in den nächtlich erleuchteten Straßen selbst das Ziel. Für Nervenkitzel sorgt eine knappe Benzin-Einteilung sowie das minutiöse Fahren ohne Licht.
Kurze Begegnungen mit anderen Nachtgestalten verheißen Abenteuer bis die beiden Männer mit Vita, einer Frau von mysteriöser Schönheit, in eine außergewöhnliche Art der Kontakts treten.
Julia Maria Köhler ("Verrückt nach Clara", "Ob ihr wollt oder nicht") verleiht der Rolle der Vita eine Aura zwischen Glamour, Unnahbarkeit und Desorientiertheit.
Die Hauptdarstellerin über den Film: "Ich mag den Film, weil er sehr atmosphärisch ist und viel nonverbales Spiel zulässt. Scheinbar passiert nicht viel und doch gerät die Gefühlswelt dreier Menschen auf vielen verschiedenen Ebenen durcheinander."
Beim Litauischen Filmpreis wurde Lowlights als "Bester Film" ausgezeichnet und Hauptdarsteller Dainius Gavenonis als "Bester Darsteller" geehrt.
Der Regisseur Ignas Miskinisist gilt als Litauens bekanntester junger Filmemacher und als einer der wichtigsten Vertreter der neuen Welle junger RegisseurInnen des Baltikums.
Der Film ist eine Koproduktion mit der litauischen TREMORA und die erste Produktion der Kölner dagstar-film, ein Unternehmen, das die Produzentin Dagmar Niehage mit Hilfe des Kölner AV Gründerzentrums gegründet hatte.
AVIVA-Tipp: Der Regisseur setzt auf einen verhaltenen Aufbau der Atmosphäre und den Verzicht auf einen konventionellen Spannungsbogen. Konflikte bahnen sich an und ebben wieder ab bis es zu einer überraschenden Wendung kommt. Etwas deutlichere Hinweise auf diesen dramaturgischen Effekt, verteilt über den ganzen Film, hätten es den KinozuschauerInnen möglicherweise erleichtert, sich über Langfilm-Länge auf das Nightcruising-Melodram einzulassen.
Lowlights
Litauen 2009
Regie und Drehbuch: Ignas Miskinis
DarstellerInnen: Julia Maria Köhler, Dainius Gavenonis, Jonas Antanelis
Länge: 92 Minuten
Verleih: 3L Filmverleih
Filmstart: 29. April 2010
Der Film im Netz: www.lowlights-derfilm.de